Alternativen zu 2020
Dienstag, 27. August 2013
Pfarrversammlung in St. Laurentius vom 26. Mai 2013
Auf der ersten Pfarrversammlung im Januar 2013 nach dem Adventhirtenbrief von Erzbischof Dr. Rainer Maria Kardinal Woelki „Wo Glauben Raum gewinnt“ war die Stimmung relativ hoffungsvoll bezüglich des bevorstehenden Prozesses. Jedoch nach dem Hirtenbrief zur Fastenzeit „Eucharistie ist communio, Gemeinschaft mit Christus und untereinander“ kam Skepsis auf und rief Widerspruch hervor.
Pfarrer Dr. Pulsfort erklärte auf der Pfarrversammlung am Sonntag, dem 26. Mai 2013, zunächst den Gemeindemitgliedern, die nicht die Möglichkeit hatten, an einer der Auftaktveranstaltungen des Erzbischöflichen Ordinariats teilzunehmen, den bevorstehenden Prozess. 30 Pfarreien im Erzbistum Berlin (bisher ca. 108) sollen bis zum Jahr 2020 „wie ein Dach“ die bisherigen Gemeinden bedecken. Er berichtete außerdem von dem Gespräch, welches Pfarrer Prof. Dr. Michael Höhle und er mit dem Kardinal geführt hatten.
Die Aufforderung zu der Aussprache war eine Reaktion auf den Briefwechsel der beiden Pfarrer an alle Priester und Diakone im Erzbistum Berlin zu Ostern 2013, um den angebotenen offenen Prozess mit einer ausgeglichenen Diskussion möglich zu machen.
Der Briefwechsel ist in der Maiausgabe unseres Pfarrbriefs „Die Brücke“ nachzulesen. Pfarrer Dr. Pulsfort beurteilte das Gespräch mit dem Kardinal atmosphärisch gut, inhaltlich kontrovers.
In der folgenden Diskussion mit der Gemeinde wurde immer wieder erwähnt, dass diese Strukturveränderung unter dem Deckmantel spiritueller Erneuerung Angst macht, dass die vorgegebene Offenheit nicht zu spüren ist und mit modernem Management alter Klerikalismus bleibt.
Es wäre dringend notwendig, das große Problem des Priestermangels und seine Folgen in aller Offenheit und ohne Tabus umfassend zu diskutieren. Über „viri probati“, in Ehe, Familie und Beruf bewährte Männer, dürfte doch laut nachgedacht werden.
Auch kam die Frage auf, warum gerade jetzt der apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Périsset, sich eine Debatte um den Pflichtzölibat vorstellen könne.
Die kleine und lebendige Einheit vor Ort würde durch den geplanten Prozess geschwächt, und eine übergeordnete Pfarreiführung würde die Begabung und Mitgestaltung Ehrenamtlicher, zum Beispiel im Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand, stark einschränken.
Anmerkung der Redaktion: Für die einzelne Gemeinde gibt es nach Zusammenschluss keinen eigenen Pfarrgemeinderat und keinen Kirchenvorstand mehr, die gibt es nur noch für die jeweiligen Großpfarreien, das heißt, die Einzelgemeinde verliert ihren rechtlichen Status!
In diesem Zusammenhang gab es einen Hinweis auf ein Interview im Jahre 2007 mit Kardinal Jorge Mario Bergoglio, unserem jetzigen Papst Franziskus. Er empfahl, Garagen anzumieten und disponible Laien einzusetzen, damit die Leute in die Kirche kommen.
Alternativ wurde auch die Möglichkeit der Pfarreiengemeinschaft (siehe Bistum Osnabrück) mit rechtlich eigenständigen Kirchengemeinden unter der Leitung eines Pfarrers diskutiert.
Der Meinungsaustausch zu diesem folgenreichen Prozess zeigte, dass nach anderen Modellen Ausschau gehalten werden muss.
Deshalb wurden alle Gemeindemitglieder und Interessierten zum theologischen Gemeindetag mit dem Dogmatiker Prof. Dr. Wolfgang Beinert eingeladen.
Das Thema des Tages wird sein: „Wie der Hirte zu den Schafen kommt - Die Bedeutung der Kirche vor Ort“. Nach dem Vortrag wird mit den Teilnehmern diskutiert, ob und wie zum Beispiel in einer Arbeitsgruppe - nicht nur aus Mitgliedern unserer Gemeinde, sondern auch mit Interessierten und motivierten Menschen anderer Gemeinden - tragbare Alternativen für die Zukunft entwickelt werden können.
Die Ergebnisse sollen dann über eine eigene Website veröffentlicht werden.
Im November 2013 jährt sich die erfolgreiche Fusion der Gemeinden St. Ansgar und St. Laurentius zum zehnten Mal. Kein besonderer Grund zum Feiern, der Pastoralplan 2020 wird aufgrund verschiedenster Umstände alles andere als einfach sein.

Christa Drutschmann
Pfarrgemeinderatsvorsitzende

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Theologischer Gemeindetag mit Prof.Dr. Wolfgang Bienert vom 01.Juni 2013
Theologischer Gemeindetag in St. Laurentius
mit Prof. Dr. Wolfgang Beinert

„Wie der Hirte zu den Schafen kommt –
Die Bedeutung der Kirche vor Ort“

Bänke mussten zusätzlich in unseren Pfarrsaal geschafft werden – dann konnte Prof. Beinert mit seinem Referat beginnen, das sich mit der Situation der katholischen Kirche in Deutschland und mit der oberhirtlichen Planung pastoraler Großräume – nicht allein in unserer Diözese – in Anpassung an dramatisch zurückgehende Priesterzahlen beschäftigte.
Den vollen Wortlaut des Referates können Sie im Internet auf unserer Homepage www.laurentius-berlin.de unter „Aktuelles“ nachlesen oder im Pfarrbüro schriftlich anfordern.
Nachstehend eine kurze Zusammenfassung der Gedanken von Prof. Beinert:
Zur Charakterisierung der Problematik nannte Prof. Beinert einige Zahlen: Im Jahre 2011 waren wir in Deutschland noch 24,5 Mio. Katholiken, von denen etwa 3 Mio. (das sind 12,3%) regelmäßig den Sonntagsgottesdienst besuchten; sie bildeten 11.398 Gemeinden (1990 noch 13.318 Gemeinden, also 14,4% mehr als 2011) und wurden von 14.847 Priestern betreut (1990 noch von 19.707 Priestern, also 25% mehr als 2011). Mithin: Der Umfang der Herde schmilzt, jedoch noch dramatischer die Anzahl der sie betreuenden Hirten. Im Jahre 1995 ließen sich in Deutschland fast 250 junge Männer für den priesterlichen Dienst weihen, im Jahr 2012 waren es nur noch 101 (ein Minus von knapp 60% gegenüber 1995); das sind „rein rechnerisch nur mehr knapp drei Neupriester pro Diözese…“ Ein Neupriester von 2011 habe sieben ausscheidende Kollegen zu ersetzen.
Prof. Beinert unterschätzt nicht die Schwierigkeiten, mit denen die Oberhirten bei dieser Entwicklung konfrontiert sind. Er wendet sich dennoch entschieden gegen rein organisatorische, zudem damit verordnete großräumige Lösungen zu Lasten von Gemeinden. Sie könnten nur als vorübergehende Notmaßnahmen verstanden werden, nicht als therapeutische Lösung. Vielmehr tritt Prof. Beinert für die Präsenz der Kirche vor Ort ein, also für den Erhalt der Gemeinden, unter Beachtung der Bedürfnisse der dort lebenden Menschen. Hier einige von Prof. Beinerts Argumenten:
- Die Kirche vor Ort ist für die Menschen essentiell bedeutsam, deshalb unaufgebbar. Sie ist zudem wesentlicher Teil der Universalkirche.
- Die Gemeinde ist Geflecht sozialer Beziehungen, auch zu Menschen und Institutionen im Umfeld; zudem Ort wesentlicher Lebensvollzüge.
- Als Mittelpunkt, zu dem Menschen sich zugehörig fühlen, ist sie unaustauschbarer Teil von Heimat, nicht auf andere Lebensräume ohne Weiteres übertragbar.
- Papst Franziskus: „Die Pfarrei in der Nachbarschaft (ist) die ‚Zugangspforte‘ zur katholischen Religion.“
- Gemeinde ist die Versammlung zum Hören des Gotteswortes und zur Feier der Eucharistie. Die eucharistische Gemeinschaft soll auch in das Alltagsleben übertragen werden – „nur sinnvoll bei einer überschaubaren und die Lebenswelt soweit als möglich miteinander teilenden Gemeinde.“ Dazu gehört eine gewisse Intimität.
- Zugänglichkeit zu Gottesdiensten vor Ort muss gegeben sein. Mobilität insbesondere von Familien, von Kindern (Sakramentenunterricht, Kindergruppen usw.), von alten Leuten wird von den Organisatoren überschätzt.
- Bei größeren Entfernungen zur nächsten Kirche sollten die Pfarrer eine Garage mieten und wenigstens von einem Laien Wortgottesdienst mit Kommunionausteilung halten lassen (Papst Franziskus als Erzbischof von Buenos Aires, wo zwischen zwei Pfarreien eine Entfernung von etwa 2.000 Metern besteht).
Bei der so dargestellten Bedeutung der Gemeinden und ihrer Bedürfnisse muss der Hirte – so Prof. Beinert – trotz der erheblichen Lücke, die zwischen der Anzahl der Gemeinden einerseits und der Anzahl der Priester andererseits mehr und mehr klaffen wird, zu den Schafen kommen. Dies ist mit den traditionellen Aufgabenträgern, also mit den Priestern, allein nicht durchführbar, deshalb aber auch auf keinen Fall – so Prof. Beinert – durch rein organisatorische Maßnahmen.
Andere Wege sind anzuzielen:
- Änderung der Zulassungsbedingungen zum Weiheamt. Dabei kommt auch die bisher zwingende Verbindung zwischen Priesterweihe und Zölibat in die Diskussion (dieses Junktim ist laut Prof. Beinert nie gesamtkirchlich gewesen);
- Beauftragung von geeigneten und fortgebildeten Laien mit der Leitung von Pfarreien, ohne eucharistische Befugnisse.
Bisher ungewohnte Maßnahmen sind erforderlich. Schuldig könne die Kirche werden, wenn – so Prof. Beinert – „sie entweder keine Maßnahmen träfe, um die Gemeinschaft der Christgläubigen hinreichend zu ermöglichen, oder mögliche Maßnahmen verweigerte aufgrund bloßer traditioneller innerkirchlicher Vorbehalte.“
Mit dem Weg der großräumigen Seelsorge werde die Frage der angemessenen Eucharistiemöglichkeit für die Christen vor Ort nicht beantwortet.
In der Diskussion
- trat Prof. Beinert entschieden für das kirchliche Amt ein, also für die Beauftragung durch den zuständigen Bischof und gegen selbst ernannte Hirten;
- wurde auf die Beauftragung der Diakonatshelfer (dann Kommunionhelfer, Gottesdienstbeauftragte) zur Austeilung der Eucharistie auch in Wortgottesdiensten ohne Priester durch Kardinal Bengsch hingewiesen, was über Jahrzehnte so praktiziert wurde und in der nun gegebenen und sich weiter verschärfenden Notlage erneuert werden sollte.

Bertram Janiszewski

Anmerkung der Redaktion: Prof. Dr. Wolfgang Beinert, em. Ordinarius für Dogmatik und Dogmengeschichte in Regensburg, hat sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit der Theologie der Kirche beschäftigt, zuletzt in der eben erschienenen, zusammen mit Ulrich Kühn verfassten „Ökumenischen Dogmatik“.

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Einladung zu einer Veranstaltung mit Prof. Dr. Paul Zulehner (Wien)
"Unterwegs zu einer neuen Kirchengestalt“

am Samstag, 21. September 2013, 10.00 bis 15.00 Uhr
im Gemeindesaal Hl. Familie
Wichertstraße 23, 10439 Berlin
Tel. : 4 45 41 50
Fax.: 44 79 34 94
E-Mail: kath.pfarramt@heiligefamilie-berlin.de

Wir suchen konkrete Antworten auf die Frage:

Welche Alternativen gibt es zu Großraumgemeinden?
(Gute Erfahrungen gibt es z.B. in anderen Bistümern mit Pfarreiengemeinschaften. Die einzelne Pfarrei behält dabei ihre Selbstständigkeit, aber die Pfarreien helfen sich gegenseitig, wo es nötig ist.)

Geplantes Programm

10.00 Uhr Impulsreferat von Prof. Dr. Paul M. Zulehner: "Unterwegs zu einer neuen Kirchengestalt“ Diskussion

11.00 Uhr Arbeitsgruppen
Mögliche Themen:
Wie bleiben Gemeinden lebendig?
Welche Charismen können Gemeindemitglieder einbringen?
Welche Erwartungen haben wir an unsere Gemeinde(n)?
Wie kann der Pfarrer entlastet werden?
Erfahrungsaustausch über den Weg einer versorgten zur mit-sorgenden Gemeinde Alternativen zu Großraumgemeinden

12.00 Uhr Mittagsimbiss

13.00 Uhr Blitzlichter aus den Arbeitsgruppen

14.00 Uhr Alternativen und Erfahrungen in anderen Diözesen (mit dem Referenten)

14.30 Uhr Zusammenfassen der Ergebnisse und mögliche weitere Schritte

15.00 Uhr Ende der Veranstaltung und Gelegenheit zum Kaffee

Zur besseren Planung bitten wir um eine Anmeldung, auch als Kommentar in diesem Blog. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme.

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